10 Jahre Over the Garden Wall
Am 03. November 2014 flackerte Over the Garden Wall von Patrick McHale über den Bildschirm. Für mich eine der besten Animationsfilme (in 10 kurzen Episoden) aller Zeiten. Zum zehnjährigen Geburtstag gibt es eine Stop-Motion-Episode von Aardman Animations. Fabelhaft!
Welcome back to the Unknown. Walk through the familiar yet mysterious mist. Feel the gentle wind beckoning through the leaves. Listen closely to the birdsongs and whispered secrets. And join Wirt, Greg and Beatrice in their quest to answer life’s biggest question…are we all lost? It’s Over the Garden Wall’s 10th Anniversary, we’re so happy you’re here.
Ein Fehler in einem Rollenspielbuch, ein Fehler auf einer Speisekarte
Nach einem Gespräch mit Stefan B. habe ich oft Lust Conan zu lesen (oder andere Barbaren-Literatur) und mit dem Kochen anzufangen. Meist sind unsere Gespräche zu den Redaktionsarbeiten am Abend und ich habe einen Spaziergang hinter mir und ein kleines – zuweilen auch großes – Hungergefühl begleitete mich bereits auf dem Spaziergang. Zwangsläufig dreht sich ein Teil unserer Gespräche daher auch ums Essen. Vor kurzem mischte unser Gespräch Rollenspiel, Lektorat und Speisekarten zusammen. Wir erinnerten uns an ein Restaurant, das wir nach einer SPIEL besuchten und (weil es eine Berufskrankheit ist) fanden wir einige kuriose Fehler auf der Speisekarte. Ich musste an das fabelhafte Buch Ex Libris von Anne Fadiman denken und der Essay Erbsenzähler und Korrekturkorryphäen (sic!):
Als wir uns über die Speisekarten beugten – mit Ausnahme meines Vaters, der nichts mehr sieht -, wurde mir klar, dass der selige Ausdruck, der sich auf unseren Mienen zeigte, nichts mit den Speisen zu tun hatte, die auf der Karte verzeichnet waren.
„Sie haben das E und das I in Madeirasauce vertauscht“, sagte mein Bruder.
„Aus Bel Paese haben sie ein Wort gemacht“, sagte ich, „und alles in Kleinbuchstaben.“
„Aber sie machen weniger Fehler als in dem Lokal, wo wir am Dienstag waren“, sagte meine Mutter. „Wißt ihr noch? P-E-A-K-I-N-G-Ente gab es dort.“
Dabei dachte ich auch an Fehler in Rollenspielbüchern (oder auch anderen Bücher, denn auch da ist der Fehlerteufel anzutreffen. So rätselte ich vor kurzem über die „Speerstunde“ statt die „Sperrstunde“ in einer älteren Romanreihe). Auch in Rollenspielen liest man dann und wann seltsame Dinge und natürlich fällt es leicht die Fehler zu finden, weil all die anderen Fehler vorher bereits eliminiert wurden. Es ist wie beim Rasenmähen: Zu Beginn ist es Wildwuchs – jeder erkennt das. Aber wenn einmal alles mit dem Rasenmäher abgefahren ist und die Kanten gestutzt wurden, sieht doch alles ganz manierlich aus. Und doch … „Da hinten hast du aber was vergessen“, ruft der Nachbar herüber. Tatsächlich, ein kleiner Streifen Gras wächst weiterhin wild. Aber sowas kann dir dein neugieriger Nachbar nur zurufen, weil vorher bereits viel Zeit ins Rasenmähen gesteckt wurde und nun die Fehler viel leichter zu erkennen sind.
Doch es gibt etwas Bemerkenswertes an diesen Phänomenen: Trotz dieser Fehler funktionieren Pen & Paper Rollenspiele trotzdem. Ja, auf S. 12 heißt es „Angriffswurf“ und auf S. 79 heißt es „Attackewurf“, einmal ist es der „Eisstrahl“ und später der „Froststrahl“ und man muss „20 Goldmünzen für ein Seil“ zahlen, statt 20 Kupfermünzen; die „Torch“ wurde als „Taschenlampe“ übersetzt, der Seitenverweis führt zu „Seite 7“, aber tatsächlich sollte er auf „Seite 8“ führen und im Layout wurde ein Bild abgeschnitten, weil am Ende noch was verschoben wurde. Ärgerlich. Aber ist das Spielerlebnis am Tisch dadurch maßgeblich beeinträchtigt? Ist das Buch völlig unbrauchbar? Kann das System gar nicht mehr gespielt werden? Ich glaube nicht. Es sind Fehler, die nicht auftreten sollten, aber sie treffen meinen inneren Lektor mehr als meinen inneren Spielleiter. Der Lektor ärgert sich maßlos über all diese Fehler, dem Spielleiter ist es eigentlich egal, schließlich kann ich deduzieren, was gemeint ist. Und geschwind wird mit dem spitzen Bleistift über „Froststrahl“ „Eisstrahl“ geschrieben und das kosmische Gleichgewicht ist wieder hergestellt.
Womit wir an den Restauranttisch zurückkehren. Hier tritt dasselbe Phänomen auf: Auch wenn auf der Speisekarte „Peaking Ente“ steht, „Schafe Nudeln“ oder „Bratkartofffeln“ – am Ende bekommt man trotzdem was zu essen. Der Schreibfehler verdirbt einem nicht den Abend, die Küche bereitet dennoch die korrekte Mahlzeit zu und das Essen schmeckt trotzdem (wenn das Restaurant gut ist, was es in unserem Fall zweifellos war). Die Fehler sind störend, aber ein Guter Koch wird schon keine Ente aus Erbsenkönigen herstellen und niemand wird seine Taschenlampe in der Festung im Grenzland zücken.
Gastbeitrag: Ausgezeichnete Horrorfilme mit ausgezeichneten Remakes
Dieses Mal ein Gastbeitrag von Frank: 2022 gab es drei gute Schauergeschichten zu Halloween, letztes Jahr gab es drei gute Vampirfilme und dieses Jahr gibt es drei ausgezeichnete Horrorfilme mit ausgezeichneten Remakes zu Halloween:
Das Ding aus einer anderen Welt (1951/1982)
Gibt es von Christian Nyby und John Carpenter.
Die Dämonischen (1956)/Die Körperfresser kommen (1978)
Gibt es von Don Siegel und Philip Kaufman.
Suspiria (1977/2018)
Gibt es von Dario Argento und Luca Guadagnino.
Der alte Springbrunnen
Zur SPIEL 2024 erschien auch wieder ein Mausritter-Messeabenteuer. Dieses Mal stammte das Abenteuer von mir und ist Teil des Schrebergartens für Mausritter. Illustriert wurde das Abenteuer von Ann-Marie Rechter, redaktionell betreut wurde das Abenteuer von Michael Masberg und René Kremer hat das Abenteuer gelayoutet und mit Michael zusammen lektoriert. Dieses Abenteuer gibt es nur auf Conventions und Messen bei denen der System Matters Verlag anwesend ist. Aber worum geht es in dem Abenteuer?
Der alte Springbrunnen ist ein Teil des Schrebergartens. Hoch ragt er auf mit seinen Becken und viele Mäusejahre sprudelte er, doch seit einigen Wochen ist er versiegt. Verantwortlich dafür ist der Schlamm und Grünbelag, der sich im Wasser angesammelt hat. Auch wenn im Brunnen einige neue Wesen heimisch geworden sind, droht das geflutete Becken am Fuße des Brunnens überzulaufen oder gar zu brechen, was für die Umgebung eine Katastrophe wäre. Die beste Lösung wäre also, die Brunnenspitze aufzusuchen und das Pumpwerk von Algen und Schlamm zu befreien.
Als besonderes Extra zeige ich hier noch einen Teil der Skizzen, die ich für das Abenteuer angefertigt habe, als ich es entwickelte. Mausritter zeichnet sich durch ein recht strenges Abenteuerformat auf. Das habe ich beim Schwarzen Keiler noch gesprengt, aber für ein klassisches Mausritter-Abenteuer habe ich mich an das Format gehalten.
Die Spiel 2024
Neben Weihnachten mit der Familie, sind die Tage auf der SPIEL die anstrengensten Tage des Jahres. Und wenn die SPIEL dann noch am 03. Oktober startet, wird es nicht besser. Was aber in diesem Jahr besser wurde, war meine Ausbeute. Mit dem Klassiker Die Gruft des Grafen Strahd (die früheste deutsche Übersetzung von Ravenloft, hier für AD&D 2E) und dem Original von Sinister Secret of Saltmarsh (plus der inzwischen vergriffenen Dungeons & Dragons 5E Variante Ghosts of Saltmarsh) war ich schon sehr glücklich. Als ich dann aber noch das Fanzine Der letzte Held für Das Schwarze Auge bekommen habe, das lange vergriffene Spieler-Handbuch Eberron und den Nachdruck von Realm of Chaos: The Lost and the Damned für Warhammer 40.000 bei Games Workshop durch einen Tipp entdeckte, gab es allen Grund zur Freude. Dazu noch Bücher über Brettspiele und einige Belege wie den Blinzelhund, Witch: Der Gang nach Lindisfarne sowie Der alte Springbrunnen für Mausritter. Da kann man nicht meckern, wie man hier so sagt.
Heute erscheint The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom
Ich hab nicht mal Tears of the Kingdom durch … Und die Spielemesse steht auch noch an … Aber Hyrule rennt ja nicht weg.
Ist der Alte Wald der Trichter für die Hobbits?
Am 23. September beginnt Frodo Beutlin mit seinen Gefährten seine große Reise. Seltsamerweise komme ich im gleichen Zeitraum oft zum Herrn der Ringe von J.R.R. Tolkien zurück. Womöglich ist es die herbstliche Stimmung, der früh hereinbrechende Abend oder (hier nur bisweilen) die nebligen Abend- oder Morgenstunden, die mich an die Nebelberge denken lassen. Ich lese nie alles, aber immer wieder gern Passagen aus Die Gefährten. Vor kurzem hörte ich in einem Interview mit George R.R. Martin, dass ihm das erste Buch ebenfalls am besten gefalle. Doch so mancher lehnt Tolkiens Bücher über die Jahre hin ab oder ist nie so recht hineingezogen worden: Seine Schreibe sei zu detailverliebt in Landschaften und Gedichten. Der Vorwurf von „fünf Seiten über Wiesen und Wälder“ steht immer wieder im Raum und ich frage mich, ob hier denjenigen, die diesen Vorwurf erheben, nicht die Erinnerung einen Streich spielt. Denn wann immer ich im ersten Buch des Herrn der Ringe lese, finde ich solche Passagen weder langweilig noch sind sie zu lang. Ich kann nur jedem empfehlen Tolkien auszugsweise (oder gar vollständig) erneut zu lesen, um sich davon zu überzeugen.
Die Bedeutung des Trichters in Dungeon Crawl Classics
Dungeon Crawl Classics geht einen ungewöhnlichen Weg bei der Charaktererschaffung. Die Spielenden starten mit drei oder vier zufällig ausgewürfelten Figuren mit 1W4 Trefferpunkten. Diese haben Berufe und Ausrüstung, die recht typisch für eine Dorfgemeinschaft in einer Fantasywelt sind, aber Kampferfahrung oder Zaubersprüche besitzen sie nicht. Dann erhält jede Figur noch einen Namen und schon ziehen sie los, um ein episches Abenteuer zu erleben. Dieses Abenteuer ist ausgesprochen gefährlich und wird als Trichter bezeichnet. Nur wenige werden lebendig zurückkehren und nur die Überlebenden werden Stufe 1 erreichen, eine Klasse auswählen und zu noch größeren Abenteuern aufbrechen. Der Clou an dieser Methode ist, dass man sich keine Hintergrundgeschichte für seinen Charakter ausdenken muss, sondern das die Gruppe gemeinsam und spielerisch ihren Hintergrund erlebt. Der Trichter schreibt die bemerkenswerten Stellen in einer Abenteurerbiographie durch verrückte Begegnungen, schreckliche Tode, große Reisen und lebensgefährliche Situationen. Es ist eine fabelhafte Methode, um ins Spiel und Abenteuer einzusteigen, denn irgendwann zieht es auch einen gesetzten Hobbit aus Beutelsend ins Abenteuer – auch wenn diese selten so tödlich sind wie ein Trichter.
Der Beginn eines großen Abenteuers
Wo waren wir stehen gelieben? Ah ja: Der Ring wandert. Frodo, Sam, Pippin (und später Merry) sind unterwegs und erleben ihr erstes Abenteuer. Werfen wir einen Blick auf die Charaktere: Frodo, Merry und Pippin kommen alle aus gutem Hause und könnten dem Landadel zugerechnet werden. Sam geht als Gärtner einer handwerklichen Arbeit nach. So eine Abenteurergruppe kann man mit der Tabelle 1-3: Berufe (DCC, S. 22, 23) gar nicht auswürfeln. Halblinge haben nur wenige Berufe. Das sollten wir mal rasch ändern mit folgender kleiner Hausregel:
Wenn bei der Charaktererschaffung 55 – 65 ausgewürfelt wird, kannst du entweder den ausgewürfelten Beruf nutzen oder erneut auf der Tabelle würfeln, um einen neuen Halblingberuf zu bestimmen. Das funktioniert natürlich bei Elfen und Zwerge genauso.
Beispiel: Der erste Wurf bei der Charaktererschaffung zeigt eine 56: Ein Halblingfärber. Ich würfle erneut und erhalte eine 79 und ein Halblingadliger ist geboren (der zufällig einen Ring als kostbaren Gegenstand bei sich trägt … Zufall?!)
Nun haben wir also unsere Gruppe und es wird Zeit Frodo und seine Freude auf die Abenteuerreise zu schicken. Niemand von ihnen hat viel Erfahrung im Abenteuerhandwerk und doch haben die Hobbits eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Schon bevor sie den Alten Wald erreichen, müssen sie einige Herausforderungen meistern. Nicht nur ist es die erste Nacht in der Wildnis, die Hobbits werden auch verfolgt von den schwarzen Reitern. Sie müssen sich verbergen und eine Entscheidung treffen: Weiter entlang auf der Straße oder lieber abseits des Weges? Abseits des Weges wähnen sich die Halblinge sicher, aber dennoch sind die schwarzen Reiter nicht fern. Allerdings gibt es auch eine Zufallsbegegnung mit einer Gruppe Elben und so haben die Halblinge einen sicheren Zufluchtsort für die Nacht und Frodo erhält von Gildor noch Ratschläge und einige Informationen über die schwarzen Reiter. Die Reise endet nach einer weiteren Begegnung mit einem schwarzen Reiter bei Bauer Maggot, einem weiteren Zufluchtsort. Über die Fähre erreichen die Hobbits dann Krickloch im Bockland, Frodos neues Heim, wo die Reise zunächst endet.
Der erste Teil des Trichters beginnt recht harmlos. Die Halblinge haben einige Zufallsbegegnungen mit den schwarzen Reitern und treffen auf die Elben und den alten Bauer Maggot mit seinem Hund. Um den Trichter zu überstehen, müssen die Hobbits immer wieder Zufluchtsorte aufsuchen, was mich sehr an das Mittelerde-Kartenspiel erinnert. Aber bislang waren das nur kleine Herausforderungen, die großen Abenteuer warten noch.
Die Straße gleitet fort und fort …
Nach einigen Tagen erreichen die Hobbits (nun auch mit Merry) endlich den Alten Wald. Merry kennt sich hier am besten aus (Tolkien, 2022) :
Aber der Wald ist wirklich absonderlich. Alles in ihm ist sehr viel lebendiger, alles was darin vorgeht, geschieht sozusagen bewußter als im Auenland. Und die Bäume mögen keine Fremden. Sie beobachten dich. Gewöhnlich begnügen sie sich damit, dich zu beobhacten, solange es heller Tag ist, und tun nicht viel. Gelegentlich mag es sein, dass die unfreundlichsten einen Zweig fallen lassen oder eine Wurzel herausstrecken oder mit einer langen Ranke nach dir greifen. Aber des Nachts kann es höchst beängstigend sein, ist mir jedenfalls erzählt worden.
Im Alten Wald müssen sie sich mit den Bäumen auseinandersetzen. Den Pfad zu verlassen ist riskant und der Weg durch den Wald ist mühsam. Gefährlich wird es, als die Gruppe dem Alten Weidenmann begegnet. Die Hobbits werden von ihm zunächst verzaubert, sodann werden Merry und Pippin von ihm verschluckt und Frodo und Sam versuchen alles um die beiden zu retten. Doch vergeblich. Nur Tom Bombadil kann die Weide bändigen und die Hobbits retten. Anschließend finden sie in Toms Haus eine Zuflucht und lernen Goldbeere kennen. Die Hobbits bleiben und kommen wieder zu Kräften und nach Goldbeeres Waschtag können die Abenteurer weiterziehen. Sie erhalten einen machtvollen Zauberspruch, der Tom Bobmadil herbeiruft und eine Warnung über die Hügelgräber und ihre gefährlichen Bewohner. Nun ist das Abenteuerziel Bree in Reichweite, doch ein weiteres Mal müssen sich die Hobbits beweisen (Tolkien, 2022):
Sie kamen langsam voran. Damit sie nicht voneinander getrennt würden und womöglich verschiedene Richtungen einschlügen, ritten sie hintereinander und Frodo vorneweg. Sam kam hinter ihm, nach ihm Pippin und dann Merry. Plötzlich sah Frodo ein hoffnungsvolles Zeichen. auf beiden Seiten schimmerte es dunkel durch den Nebel; und er vermutete, dass sie sich endlich der Lücken zwischen den Bergen näherten, dem Nordtor der Hügelgräberhöhen. Wenn sie dort hindurchkönnten, wären sie gerettet.
Doch weiter könnte die Rettung nicht entfernt sein. Wie Totengeister umschließt der Nebel die Halblinge und die Gruppe wird getrennt. Die Grabunholde greifen nach dem Leben der Hobbits und sind vermutlich die gefährlichsten und unheimlichsten Gegner, denen die Abenteurer begegnen. Frodo erwacht in einem Grabhügel, in einem Leichtuch gewickelt und behangen mit Grabschmuck und uralten Reliquien. Die Grabunholde (im englischen Barrow-Wights, wobei das Wort Wight im deutschen noch immer als Wicht – wie in Bösewicht – überlebt hat) können nur von Tom Bombadil vertrieben werden, den Frodo mit dem Zauberspruch herbeiruft. Vom Meister gerettet, können die Hobbits zurück auf die Straße und erreichen schließlich Bree, wo das Abenteuer wieder in einer Zuflucht endet.
Im zweiten Abschnitt des Trichters werden die Hobbits wirklich auf die Probe gestellt. Der alte Weidenmann ist ein herrlicher Gegner, den man auch ohne Tom „Hallöchen-ich-bin-die-rettende-Spielleitung“ Bombadil besiegen oder umgehen kann. Toms Haus ist wieder eine klassische Zuflucht bei der man Rast und Rat erhält. Aber die größte Gefahr sind die Grabunholde. Eine fabelhafte Szene mit der ein Trichter auch starten könnte. Behangen mit Schmuck und Waffen erwacht die Gruppe in einem Grabhügel und muss sich gegen die schrecklichen Kreaturen zur Wehr setzen. Aber auch als letztes großes Hindernis sind die Grabunholde wirksam, denn sie vereinen die unmenschlichen Schrecken der schwarzen Reiter mit der geistverwirrenden Zaubermacht des Alten Weidenmanns.
Der Trichter für die Hobbits?
Blicken wir auf diese Etappe der Abenteuerreise zurück, fällt auf, dass die Hobbits von einer Zuflucht zur anderen reisen, wobei sie die Elben und Tom Bombadil eher zufällig treffen (wobei letzteres diskutabel ist). Der Weg zu Bauer Maggot war vorausgeplant, genauso wie Frodos neues Haus im Bockland ein geplantes Ziel war. Ein Aufbau, den man für einen „Reise-Trichter“ übernehmen könnte. Auf so einer Reise gibt es natürlich zufällige Begegnungen und Ereignisse, die positiv (sichere Rast, Ratschläge, Verbündete) oder negativ (Feindbegegnungen, Hindernisse) sein können. Für einen Trichter gilt allerdings immer die Frage: Ist das Abenteuer ausreichend tödlich? Schließlich werden bei einen Trichter ja gleich 12-16 Charaktere auf das Abenteuer geschickt und jeder Charakter muss sich beweisen und versuchen zu überleben. Und ja, diese Reise ist durchaus tödlich: die schwarzen Reiter, der Weidenmann und natürlich die Grabunholde hätten die Hobbits leicht in ein ewiges Grab befördern können. In der Geschichte passiert nichts dergleichen, aber die Hobbits sind hier am Beginn ihrer Karriere ganz sicher keine Abenteurer und benötigen eine Menge Hilfe, um nach Bree zu kommen. So sind die vier Halblinge auf dieser kleinen Reise gewachsen und haben etwas erlebt, dass ihren Charakter formt. Für einen DCC-Trichter müsste es allerdings noch etwas gefährlicher werden und natürlich wären dann nicht nur vier Hobbits unterwegs, sondern mindestens zwölf Halblinge, bewaffnet mit Mistgabeln, Knüppeln, Hühnern, Ponys, Pfeifenkraut und gutem Bier.
Tolkien, J.R.R. (2016): Der Herr der Ringe, illustrierte Ausgabe, 7. Aufl., Stuttgart: Klett-Cotta
Mausritter: Der Schrebergarten als Beispiel für gute Abenteuer
Abenteuer für Mausritter sind etwas besonderes. Die meisten von ihnen haben sechs Seiten und sind ein geschickt konstruiertes Geflecht aus Illustration, Karte und Text. Wer Mausritter nicht kennt sollte durchaus mal einen Blick riskieren, wie so ein Mausritter-Abenteuer eigentlich aussieht. Um das zu vereinfachen, stelle ich einfach mal ein Mausritter-Abenteuer vor. Der Schrebergarten befindet sich gerade in der Vorbestellung (und ich bin ein Teil des System Matters Verlags und damit ist das nicht nur ein Artikel, sondern auch etwas Werbung für die Vorbestellung, denn wir können bei solchen Projekten wirklich jede Hilfe brauchen) und wir werfen nun einen Blick auf das Abenteuer von Daniel Simon Richter und Jessika Brings: Schlauraffs Pfeiler, um die Besonderheiten eines Mausritter-Abenteuers hervorzuheben.
Das Abenteuer ist eine einzige Kletterpartie. Die Umschlagsillustration zeigt bereits worum es geht und weil es im Abenteuer nach oben geht, ist es im Hochformat angelegt. Da ich von Schaulraffs Pfeiler nicht alles verraten möchte, zeige ich nur den Start des Abenteuers:
Alle Einträge in einem Mausritter-Abenteuer bestehen aus dem Titel und der Zuordnung zur Karte, einer atmosphärischen Beschreibung in einem Satz und dann den Einzelheiten des Ortes als Liste. Es ist textlich ein Minimum und so für die Spielleitung schnell erfassbar. Damit das funktionieren kann, muss die (im weitesten Sinne so zu bezeichnende) Dungeonkarte detailliert sein. Ich erinnere mich an die Karte des Hauses vom Knarrenden und windschiefen Haus (Cthulhu), wo auch sämtliche Möbelstücke und das Hausinterieur eingezeichnet war, so dass die Raumbeschreibungen als Fließtexte unbedeutender wurden. Für Mausritter eröffnet die ergänzende Illustration die Möglichkeit zur Textreduktion. Ja, nur Dank der illustrierten Karte sind die knappen Raumbeschreibungen überhaupt möglich.
Mir ist bewusst, dass für einige Spielleitungen die Beschreibungen zu karg sind, aber ich finde oft wird dabei das Bild außer Acht gelassen. Denn Farbe, Form und Position der Katzensperre (1) werden durch das Bild transportiert und weniger durch den Beschreibungstext. Auch die Möglichkeit den Meiseknödel zu erklettern ergibt sich aus dem Bild und nicht dem Text. Das macht Mausritter-Abenteuer zu einem komplexen Zusammenspiel zwischen Autor:in und Illustrator:in (und Layouter:in!), aber es macht sie auch zu einem fabelhaften Werkzeug für die Spielleitung. Auch wer wenig mit Mausritter anfangen kann, sollte sich anschauen, wie auf so wenigen Seiten so viel Spiel beschrieben ist. Es funktioniert am Spieltisch ganz wunderbar und wie bei einem guten Kochbuch erfasst man schnell, was der nächste Schritt ist, auch wenn gerade die Töpfe auf dem Herd brodeln. Man beachte auch die Hervorhebungen bei 1: getrockentes Blut und Katzenspuren. Die wichtige Spuren findet man so schnell wieder.
Für alle, die Rollenspielabenteuer schreiben wollen, ist Mausritter ein hervorragendes Beispiel wie Informationen geschickt für die Spielleitung aufbereitet werden können. Man lernt viel über gutes Abenteuerdesign und wie gut Listen und lesbare Karten der SL dabei helfen ein Abenteuer zu leiten.