Die Geschichte in einem Satz: Die Ducks suchen auf der abgelegenen Südseeinsel Tabu-Yama schwarze Perlen, doch ihr Boot wird abgetrieben, steckt nun in einem Felstunnel fest und ein Entkommen von der Insel scheint unmöglich – Dabei ist doch Weihnachten!
Weihnachten in der Südsee erschien in den USA 1957 und in Deutschland zuerst in der Micky Maus aus dem Jahr 1977 von Ausgabe 48 bis 51. Story und Zeichnungen stammen von Carl Barks. Der Comic liegt mir in der Barks Library Special Onkel Dagobert Nr. 38 vor und wurde von Dr. Erika Fuchs übersetzt. Gelesen am 23.12.2024.
Die Insel Tabu-Yama bietet einige Sehenswürdigkeiten, auch wenn nur die wenigstens den aktiven Vulkan aus nächster Nähe sehen werden. Nicht weil er so gefährlich ist (er stößt allerdings zweimal am Tag heißen Dampf und Geröll aus), sondern weil die Insel unbewohnt und darüber hinaus noch „tabu“ für Besuchende ist. Das hindert Dagobert und Familie Duck aber nicht daran die Insel mit ihrem Boot anzusteuern. Eine andere Sehenswürdigkeit sind nämlich die gewaltigen Austern und ihre schwarzen Perlen, auf die es Dagobert abgesehen hat. Da Tabu-Yama von einem ringförmigen Riff umgeben ist, ist es gar nicht so leicht die Insel und Austerngründe zu erreichen. Dank der Flut und einer Lücke im Riff gelingt es den Ducks sich dennoch der Insel zu nähern, doch dabei gerät ihr Boot in eine Strömung. Trotz ihrer Versuche, wird das Boot und alle Ausrüstung abgetrieben, vorbei an den Sandstränden der Südseeinsel, hin zu einer engen Felsenhöhlenöffnung. Unrettbar steckt das Boot nun fest und die Ducks müssen dabei zusehen, wie ihr Boot in den Fluten verschwindet. Ohne Funkgerät und Aussicht auf Rettung findet man sich mit der neuen Situation zunächst einmal ab. Doch bei Einsetzen der Ebbe, ist das Boot wieder zugänglich, allein es kann nicht aus dem Höhleneingang befreit werden. Zumindest kann ein Teil der Ausrüstung geborgen werden. Während Dagobert schwarze Perlen sammelt, arbeiten Donald und die drei Neffen an einer Lösung. Track hat die zündende Idee: Das einströmende Wasser lässt den aktiven Vulkan regelmäßig Dampf spucken und wenn der Druck nicht über den Krater entweichen kann, dann entweicht er über den Höhleneingang und wird das das Boot herausdrücken, wie den Deckel eines tüllenverstopften Teekessels. Die Befreiung gelingt und auch wenn es in der Südsee nicht schneien kann, so ist die weiße Vulkanasche zumindest eine Erinnerung an Weihnachten und so können die Ducks doch noch Weihnachten feiern.
Es ist Weihnachten und bei meinen Recherchen bemerkte ich, dass Carl Barks viele Weihnachtsgeschichten geschrieben hat. In Band 38 der Barks Library Special rund um Onkel Dagoberts Abenteuer, habe ich diese kleine Weihnachtsgeschichte gefunden. 17 Seiten lang, ein kurzes Abenteuer und darum ideal für einen kurzen Artikel zu den Festtagen. Eigentlich ist die Geschichte teil einer Anthologie namens Christmas in Disneyland und laut Kommentar auf der letzten Seite, sollte die Geschichte eigentlich im Adventureland-Dschungel spielen. Ich finde es grundsätzlich schwer, Weihnachtsstimmung ohne Schnee zu erzielen (auch wenn der Schnee in meiner Heimatstadt unglaublich selten ist). Das muss sich auch Barks gedacht haben und er kam auf eine schöne Idee und lässt eine Südseeinsel mit weißer Asche einschneien. Das wiederrum kann ich nachvollziehen, lebte man doch im Ruhrgebiet viele Jahre mit Asche zusammen. Doch so schön, wie auf dem letzten Panel des Comics, war der Aschenschnee in der Realität natürlich nie.
Spricht man vom letzten Panel, so muss man auch vom ersten Panel von Weihnachten in der Südsee sprechen. Es zeigt ein echtes Abenteuer. Die schwarzblauen Wellen wogen und spielen mit dem kleinen Boot, das noch kleiner wirkt gegenüber dem gewaltigen Vulkan auf der menschenleeren Insel. Die Vegetation auf der Insel scheint urtümlich zu sein und umschließt die schroffen Felsen des Vulkans, wie ein grüner Wintermantel. Zwischen den Palmen am Strand ist eine Bresche auszumachen, die tiefer in die unbewohnte Insel führt. Ist das der Weg, den die Ducks gehen werden? Doch Vorsicht! Drohend speit der Vulkan eine kolossale Gischtwolke aus und spuckt dazu noch Geröll umher. Vereinzelt gleiten Möwen über das umflutete Riff. Tabu-Yama ist ein gefährlicher Ort. Eine Insel, die keiner betritt und die nicht betreten werden möchte. Doch wie sooft, treibt Dagoberts Gier nach Schätzen die Ducks voran. Das Riff wird gemeistert und man kann in die Lagune fahren. Doch die Insel wird die Ducks nicht gehen lassen wollen.
Dagoberts Rolle ist in dieser Geschichte bemerkenswert passiv. Er scheint sich völlig in der Suche nach schwarzen Perlen zu verlieren, während Donald und die Neffen das Problem lösen. Natürlich können schwarze Perlen eine besondere Faszination ausüben, so war mir nicht bewusst, dass Perlen überhaupt sehr vielfarbig sein können. Schwarze Perlen sind beispielsweise die Tahitiperlen, die in Lagunen in Französisch-Polynesien gewonnen werden. Dabei haben Perlen eine Grundfarbe und einen Schimmer, der auch Orient genannt wird. Schwarze Perlen können dabei in Dunkelgrün, Pink oder Purpur schimmern. Kostbar sind vor allem die Konbinationen in Grün-Pink, die an die Farben eines Pfauenfederkleids erinnern (vgl. Wikipedia). Womöglich ist Dagobert in ihren Bann geraten (siehe unten)?
Insgesamt eine kurze Weihnachtsgeschichte an einem unweihnachtlichen Ort, der doch noch weihnachtlich wird. Mir gefällt die Geschichte, aber insgeheim hatte ich gehofft, noch etwas mehr von der Insel zu sehen. Ein großes Geheimnis gibt es nicht, außer vielleicht der günstig herumliegende Felsbrocken am Kraterrand, der ein bisschen zu zweckdienlich hier herumliegt, oder?
Und noch ein gutes Zitat: „Zufrieden Onkel Dagobert?“ „Ich kann nicht klagen.“
Rollenspielerisches
Der erste Gedanke bei dieser Geschichte ist natürlich Isle of Dread bzw. Insel des Schreckens für D&D. Tabu-Yama ist aber mehr ein Inselchen des Missbehagens. Allzu gefährlich oder schrecklich ist die Insel nicht. Es gibt außer der Insel selbst keine Gefahren: keine Insulaner, keine gefährlichen Pflanzen, Raubtiere oder gar Dinosaurier. Das sollte man auf alle Fälle ändern, wenn man diese Insel als Abenteuerschauplatz verwenden möchte. Die Insel sieht – mit äußerst bescheidenen zeichnerischen Talenten – etwa so aus:
Tabu-Yamas Beschaffenheit wird von Track mit einem Teekessel verglichen. Durch die Höhle strömt bei Flut Wasser in die heiße Magma. Das Wasser verdampft geräuschvoll und bringt den Vulkan zum erzittern. Geröll wird ausgespien und die Insel rumpelt und zischt. Es gibt also zwei Öffnungen (wie bei einem Teekessel) aus dem der Druck entweichen kann. Wenn nun das ducksche Boot den Höhleneingang verstopft und dann der Krater mit einem passenden Felsbrocken verschlossen wird, dann wird der Druck das Boot herausschießen, was auch funktioniert. Ein simples physikalisches Rätsel, was auch im Rollenspiel gut umzusetzen wäre. Wichtig ist dabei – und das beweist auch Barks in seiner Geschichte – das Zusammenspiel zwischen Ebbe, Flut, Vulkan und Höhle aufzuzeigen, damit man mit dem Problem überhaupt herumspielen kann. So sind die großen Dampfausbrüche seit dem Festsitzen des Bootes zurückgegangen, aber Dampf strömt noch immer aus dem Krater und wer die Höhle weiter untersucht, findet das kochende Vulkaninnere.
Genauso wichtig ist ein klarer Auftrag, warum man überhaupt in dieses Zusammenspiel der Elemente eingreifen sollte. Das entsteht in dieser Geschichte natürlich durch den Auftrag: Entkommt (kein Enten-Gag, ich hoffe das wird honoriert!) von der Insel Tabu-Yama. Wie man im Comic allerdings sieht, wäre die Erschütterung der Insel durch den Vulkan auch akzeptabel, wenn man einfach nur die Austern fischen möchte, denn nach der Erruption, ist die Lagune nahezu leergefischt und Dagobert muss die Unmengen an Austern nur noch knacken. Apropo Austern und Perlen, einen letzten Punkt gibt es da noch …
Zuletzt noch einige Worte über Dagoberts Verhalten. Der Geschäftsmann und Abenteurer ist allein auf die schwarzen Perlen fixiert. Ist er in den magischen Bann der schwarzen Perlen geraten? Perlen stehen ja seit jeher in Verbindung mit Magie und Medizin. Strahlen die Perlen also eine Aura aus, die einen dazu veranlasst immer mehr Perlen zu sammeln? Das erklärt zumindest, warum die Insel „tabu“ ist. Jeder läuft Gefahr in den Bann der schwarzen Perlen zu geraten und daher meiden andere Inselbewohner Tabu-Yama. Aber bleiben wir gedanklich kurz bei Magie und Perlen. Weissagungen scheinen eng mit Perlen verknüpft zu sein. Braucht Dagobert vielleicht deshalb die Perlen? Was könnte einen Geschäftsmann glücklicher machen, als zu wissen, welches Geschäft in Zukunft lukrativ sein wird? Vielleicht hat er das Ritual auch vorher durchgeführt und ist deshalb so unbeteiligt. Dagobert weiß einfach, das alles gut ausgeht. Er bringt ja auch Weihnachtsgeschenke mit, als ob gewusst hätte, dass die Ducks auf der Insel stranden … Was auch imemr die Antwort ist: Eine gefährliche Expedition, um eine magische Zutat zu finden, ist immer ein guter Aufhänger für ein Abenteuer.
Rollenspielerische Randnotizen
- Ergänzende Beobachtung zu Dagobert: Er ist in dieser Geschichte ein typischer Vertreter von: Mein Charakter ist aber so. Er nimmt überhaupt nicht am Abenteuer teil. Aber zumindest stört er auch niemanden.
- Schöner Twist: „Schnee“ auf der Südseeinsel sorgt für einen guten weihnachtlichen Abschluss und ist erfreulich um die Ecke gedacht.
- Das Schlaue Buch weiß wirklich alles. Wie Bücher in Dungeon World! Bücher in Dungeon World haben Ladungen (beispielsweise OOO) und wann immer man einen Fakt benötigt, kann eine Ladung abgestrichen werden. Aber zum Schlauen Buch kommen wir später nochmal gesondert …
Quellen
- Barks, Carl: Weihnachten in der Südsee, in: Barks Library Special Onkel Dagobert Nr. 38, Stuttgart, 2003
- Wikipedia über Perlen