Nach einem Gespräch mit Stefan B. habe ich oft Lust Conan zu lesen (oder andere Barbaren-Literatur) und mit dem Kochen anzufangen. Meist sind unsere Gespräche zu den Redaktionsarbeiten am Abend und ich habe einen Spaziergang hinter mir und ein kleines – zuweilen auch großes – Hungergefühl begleitete mich bereits auf dem Spaziergang. Zwangsläufig dreht sich ein Teil unserer Gespräche daher auch ums Essen. Vor kurzem mischte unser Gespräch Rollenspiel, Lektorat und Speisekarten zusammen. Wir erinnerten uns an ein Restaurant, das wir nach einer SPIEL besuchten und (weil es eine Berufskrankheit ist) fanden wir einige kuriose Fehler auf der Speisekarte. Ich musste an das fabelhafte Buch Ex Libris von Anne Fadiman denken und der Essay Erbsenzähler und Korrekturkorryphäen (sic!):

Als wir uns über die Speisekarten beugten – mit Ausnahme meines Vaters, der nichts mehr sieht -, wurde mir klar, dass der selige Ausdruck, der sich auf unseren Mienen zeigte, nichts mit den Speisen zu tun hatte, die auf der Karte verzeichnet waren.

„Sie haben das E und das I in Madeirasauce vertauscht“, sagte mein Bruder.

„Aus Bel Paese haben sie ein Wort gemacht“, sagte ich, „und alles in Kleinbuchstaben.“

„Aber sie machen weniger Fehler als in dem Lokal, wo wir am Dienstag waren“, sagte meine Mutter. „Wißt ihr noch? P-E-A-K-I-N-G-Ente gab es dort.“

Dabei dachte ich auch an Fehler in Rollenspielbüchern (oder auch anderen Bücher, denn auch da ist der Fehlerteufel anzutreffen. So rätselte ich vor kurzem über die „Speerstunde“ statt die „Sperrstunde“ in einer älteren Romanreihe). Auch in Rollenspielen liest man dann und wann seltsame Dinge und natürlich fällt es leicht die Fehler zu finden, weil all die anderen Fehler vorher bereits eliminiert wurden. Es ist wie beim Rasenmähen: Zu Beginn ist es Wildwuchs – jeder erkennt das. Aber wenn einmal alles mit dem Rasenmäher abgefahren ist und die Kanten gestutzt wurden, sieht doch alles ganz manierlich aus. Und doch …  „Da hinten hast du aber was vergessen“, ruft der Nachbar herüber. Tatsächlich, ein kleiner Streifen Gras wächst weiterhin wild. Aber sowas kann dir dein neugieriger Nachbar nur zurufen, weil vorher bereits viel Zeit ins Rasenmähen gesteckt wurde und nun die Fehler viel leichter zu erkennen sind.

Doch es gibt etwas Bemerkenswertes an diesen Phänomenen: Trotz dieser Fehler funktionieren Pen & Paper Rollenspiele trotzdem. Ja, auf S. 12 heißt es „Angriffswurf“ und auf S. 79 heißt es „Attackewurf“, einmal ist es der „Eisstrahl“ und später der „Froststrahl“ und man muss „20 Goldmünzen für ein Seil“ zahlen, statt 20 Kupfermünzen; die „Torch“ wurde als „Taschenlampe“ übersetzt, der Seitenverweis führt zu „Seite 7“, aber tatsächlich sollte er auf „Seite 8“ führen und im Layout wurde ein Bild abgeschnitten, weil am Ende noch was verschoben wurde. Ärgerlich. Aber ist das Spielerlebnis am Tisch dadurch maßgeblich beeinträchtigt? Ist das Buch völlig unbrauchbar? Kann das System gar nicht mehr gespielt werden? Ich glaube nicht. Es sind Fehler, die nicht auftreten sollten, aber sie treffen meinen inneren Lektor mehr als meinen inneren Spielleiter. Der Lektor ärgert sich maßlos über all diese Fehler, dem Spielleiter ist es eigentlich egal, schließlich kann ich deduzieren, was gemeint ist. Und geschwind wird mit dem spitzen Bleistift über „Froststrahl“ „Eisstrahl“ geschrieben und das kosmische Gleichgewicht ist wieder hergestellt.

Womit wir an den Restauranttisch zurückkehren. Hier tritt dasselbe Phänomen auf: Auch wenn auf der Speisekarte „Peaking Ente“ steht, „Schafe Nudeln“ oder „Bratkartofffeln“ – am Ende bekommt man trotzdem was zu essen. Der Schreibfehler verdirbt einem nicht den Abend, die Küche bereitet dennoch die korrekte Mahlzeit zu und das Essen schmeckt trotzdem (wenn das Restaurant gut ist, was es in unserem Fall zweifellos war). Die Fehler sind störend, aber ein Guter Koch wird schon keine Ente aus Erbsenkönigen herstellen und niemand wird seine Taschenlampe in der Festung im Grenzland zücken.