Ein guter Verräter braucht Hinweise. Die SC müssen diesen Hinweisen nachgehen können, wie bei einer klassischen Whodunit-Detektivgeschichte von Agatha Christie oder Dorothy L. Sayers. Ohne diese Hinweise hätte die Gruppe keine Chance den Verräter aufzudecken. Mit Hinweisen sind hier konkrete Hinweise gemeint, keine schauspielerischen Versuche der Spielleitung eine gewisse Zwielichtigkeit dazustellen (indem man niemanden direkt anschaut, stottert, sich über die schweißnasse Stirn wischt oder ähnliches versucht), denn das funktioniert nur selten (schließlich sind wir Rollenspieler, keine Schauspieler). Hinweise wären beispielsweise:
- Jemand hat den Verräter bei etwas zwielichtigem beobachtet. Beispiel: Der Verräter redet mit den Saphirkultisten, obwohl sie doch eigentlich seine Todfeinde sind …
- Der Verräter verwickelt sich in einen Widerspruch. Beispiel: Der Verräter sagt, dass er diese Person noch nie gesehen hat, aber kennt ihren Namen …
- Ein Beweisstück deckte eine Lüge des Verräters auf. Beispiel: Der Verräter sagt er war den ganzen Abend daheim, aber sein Mantel ist vom abendlichen Gewitter regennass …
Ein guter Verräter hat, wie ein guter Verdächtiger in einer Kriminalgeschichte, natürlich eine plausible Erklärung für den Verdachtsmoment. Wenn also der Verräter in einem Hinterhof mit den Saphirkultisten gesehen wurde, so wird er natürlich sagen, dass er mit seinen Kontakten aus dem Kult gesprochen hat, um den Zugang zum Geheimgang in Erfahrung zu bringen. Und wenn der Verräter einer Lüge bezichtigt wurde, so wird er natürlich eine passende Erklärung haben oder sich kopfschüttelnd korrigieren, denn wem passiert nicht mal ein kleiner Fehler?
Dies sollte man als Spielleitung vorbereiten: Ein gutes Verdachtsmoment hat auch eine gute Erwiderung, die die Verschleierung aufrechterhält.
Entscheidend sind diese Hinweise vor allem, weil sonst der Informationsfluss gestört ist. Es macht schließlich keinen Spaß, wenn die Spielleitung irgendwann sagt: „Haha! Die Auftraggeberin hat euch in die Falle gelockt. Überraschungsrunde für die Saphirkultisten, die sich hier im Lagerhaus versteckt haben!“ Wenn es nämlich nie ein Verdachtsmoment gegen die Auftraggeberin gab, dann kommt diese Situation völlig aus dem Nichts. Die Gruppe hatte nie eine Chance den Verrat aufzudecken, weil sie überhaupt keine Informationen bzw. Hinweise darüber finden konnte. Sie kann nur passiv Reagieren und nicht aktiv Agieren.
Besser und aktiver für die Spielgruppe ist es, wenn sie vor dem Verrat ermitteln können und sich vielleicht sogar vorbereiten können oder den Verräter vorab zur Strecke bringen. Denn wenn die Spielgruppe sagt: „Haha! Wir haben deinen Verrat durchschaut, Auftraggeberin. Überraschungsrunde für uns!“ agieren sie aktiv und das ist immer besser, als nur auf vollendete Tatsachen zu reagieren.
Dieser Artikel wurde inspiriert von der Episode Ein Freund in alten Zeiten von Conan, der Abenteurer – Seltsam? Aber so steht es geschrieben …