Seit 1950 hatten wir in meiner Heimatstadt achtmal weiße Weihnachten, was im krassen Gegensatz zu den meisten Weihnachtsfilmen steht, die ich kenne. Dort sind die herrschaftlichen Häuser stets großzügig verschneit. Kein Wunder also, dass in meiner Auflistung von Zutaten für Weihnachtsabenteuer Schnee und Eis an erster Stelle steht. Jedes Jahr überlege ich, was eigentlich ein gutes Weihnachtsabenteuer ausmacht und die winterliche Atmosphäre dürfte für mich vermutlich das wichtigste sein. Aber es gibt noch weitere Dinge, die ein gutes Weihnachtsabenteuer braucht.

Atmosphärisches

Ohne Schnee und Eis kann ich mir ein Weihnachtsabenteuer kaum vorstellen. Ob es dabei nun das verschneite Arkham, das frostige Lankhmar oder der eisige Norden ist, ist dabei egal. Wichtig ist, dass die Kälte zum Abenteuer dazugehört. So gelingt es beispielsweise in Der Zorn des Bären von Ina Kramer (hier besprochen im Podcast) eine ganz beschauliche Winterstimmung zu vermitteln: Eiskrusten auf dem Waschbecken, heiße Steine für die kalten Betten und eine märchenhafte Geschichte, die auch nach Drei Haselnüsse für Aschenbrödel über den Röhrenfernsehbildschirm flimmern könnte. Das märchenhafte spielt dabei eine entscheidende Rolle und ist die warme Wolldecke, die einen an den frostigen Wintertagen wärmt.

Ein atmosphärisches Weihnachtsabenteuer muss dabei nicht mal weihnachtliche Themen haben. Gespeist vom Fernsehprogramm meiner Jugend passen Abenteuerfilme genauso gut zu Weihnachten wie Schöne Bescherung oder Die Geister, die ich rief. Jedes Jahr liefen alte Filme mit Doug McClure wie CapronaTauchfahrt des Schreckens oder Der sechste Kontinent. Diese Abenteuerfilme in dampfenden Dschungeln mit Dinosaurieren und schrecklichen Monstern wecken in mir ebenfalls gemütliche Weihnachtsgefühle. Weihnachtliche Themen sind allerdings auch herzlich Willkommen. Verlies Navidad (gibt es Dank Kaid seit 2018) hat eine ganze Reihe an Weihnachtsabenteuern mit Tannenbäumen, Weihnachtskugeln, Schnee, Weihnachtsmännern und -mäusen.

Ein letzter Tipp zur Atmosphäre: Im Fernseher kann das Kaminfeuer in Endlosschleife knistern, vielleicht läuft im Hintergrund leise unaufdringliche Weihnachtsmusik (falls es sowas überhaupt gibt). Passende Food-Handouts sind natürlich weihnachtliche Snacks und Getränke. Ein Kakao, Tee oder Punsch bieten sich an, dazu Plätzchen oder Baumkuchen. Weitere Tipps zum Thema Essen gibt es aber auch gleich im Mechanischen Bereich …

Mechanisches

Jenseits der Atmosphäre kann man natürlich auch mechanisch die Weihnachtstimmung am Spieltisch verbreiten. Dazu gibt es viele Möglichkeiten, aber eine der bekanntesten hat mit Keksen zu tun:

Wenn dein Rollenspielsystem Glückspunkte, Schicksalspunkte oder ähnliche Mechaniken besitzt, dann ist die bekannteste Idee natürlich, sie während der Weihnachtsrunde durch Kekse, Plätzchen oder ähnliche Weihnachtsleckereien zu ersetzen. Das funktioniert gut, führt allerdings zu einem übermäßigen Verbrauch an Schicksalspunkten oder zu einem unabsichtlichen Verbrauch, wenn man gedankenverloren einen Dominostein verschwinden lässt. Man könnte hingegen auch andersherum an die Sache herangehen: Wer zur Weihnachtsrunde selbstgebackene Kekse mitbringt, erhält soviele Kekspunkte, wie Spielende am Tisch sitzen. Diese Kekspunkte können immer nur für andere Leute in der Gruppe eingesetzt werden und geben diesen einen kleinen Bonus oder lassen einen Wurf wiederholen.

Eine kleine Idee: Die Spielleitung bereitet vor dem Spielabend für die Gruppe kleine verpackte Geschenke vor z.B. ein zusätzlicher W6 für den Schaden, ein Schicksalswürfel oder ein Heiltrank. Jedes Paket bekommt eine Zahl zwischen 1 und 20 (oder passende Zahlen zum System) und dann beginnt das Spiel. Wenn eine passende Zahl gewürfelt wird, bekommt man das Paket und das Geschenk darf eingesetzt werden.

Eine weitere Mechanik wäre es, Bonuspunkte zu verteilen, wenn man im Laufe des Spiels ein weihnachtliches Zitat sinnvoll ins Spiel einbauen kann. Jeder kann auf folgender Tabelle würfeln (oder ein Los aus einer Urne ziehen) und sich so sein Zitat sichern. Wer erfolgreich ein Zitat eingebaut hat, darf ein Neues ziehen.

01 Von draußen, vom Walde komm ich her …
02 So ist es recht; so geh mit Gott, mein treuer Knecht!
03 Schlaf in himmlischer Ruh …
04 Tönet durch die Lüfte froher Schall.
05 Du grünst nicht nur zur Sommerzeit …
06 Gibt Mut und Kraft zu jeder Zeit …
07 Was ist heut‘ für ein Tag, mein Junge?
08 Weihnachten feiert man nicht mit Leuten die man mag, sondern mit der Familie.
09 Ich jag es in die Kammer, und erschlag es mit dem Hammer!
10 Kinder seht, ein Reh!
11 Wo ist das Rezept geblieben, von den Plätzchen, die wir lieben?
12 Habt ihr´s mit ´nem Tacker versucht?
13 Schmeiß sie raus! Wenn du jemanden retten willst, dann rette dich selbst.
14 Alles, was ich über Festbeleuchtung weiß, habe ich von dir gelernt.
15 „Saurer Regen… Drogensucht… Internationaler Terrorismus… Autobahnmörder… jetzt ist es mehr denn je Zeit sich der wahren Bedeutung von Weihnachten bewusst zu werden.
16 Alle Jahre wieder …
17 Morgen, Kinder, wirds was geben!
18 Und als er seine Mutter sah… Niagarafälle!
19 Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh …
20 Yippie Yah Yei Schweinebacke!

Einen Bonuspunkt gibt es vielleicht auch für Leute, die den Ursprung des Zitats kennen, allerdings sollte es auch nicht zu sehr vom Spielabend ablenken. Schließlich hat man eine Weihnachtsrunde nur einmal im Jahr.